Mogrukh
Räuberheld des Räuberhauptmanns Plunkett. Hier ein Bild des Kampflogs.
Im Karim 362 gibt der Räuberhauptmann in mehreren Episoden Details zum Werdegang eines seiner außergewöhnlichsten Räuber preis Chronik #21062:
Die Geschichte von Mogrukh
Hell leuchtete das Feuer im dunklen Wald. Sein Widerschein tauchte die umstehenden Bäume in warmes und freundliches Licht. Über diesem Feuer brutzelte ein kleines Tier und wurde von einem alten Mann, welcher davor harrte, in regelmäßigen Abständen umgedreht. Der herrliche Duft erfüllte den gesamten Bereich um die kleine Lichtung. Zwei Gestalten standen in einiger Entfernung zum alten Mann, ins Dunkel der Nacht verhüllt und beobachteten die gesamte Lichtung. Sie hatten den Schein von Weitem gesehen und waren neugierig näher gekommen. Es waren zwei Söldner, wie sie oft in Alirion unterwegs waren. Sie hatten ihren Dienst bei einem Ritter beendet und befanden sich nun auf dem Weg in die Taverne, um ihren Sold unter die Leute zu bringen. Wortlos nahmen die beiden Soldaten jede Information mit ihren Sinnen auf und nickten sich nach einer Weile zu. Scheinbar war die Gestalt auf der Lichtung ganz allein. Mit ein Lächeln im Gesicht traten sie auf die Lichtung.
Der Greis hörte das Ziehen eines Schwertes und fuhr erschrocken herum. Als er die beiden Söldner auf die Lichtung treten sah, wollte er sich erheben und zu einem Knüppel greifen, welcher in der Nähe des Feuers lag. Ein schneller Blick auf die gezogene Waffe ließ ihn jedoch wieder zu Boden sinken. Das Langschwert ruhte mittlerweile an seinem Hals und hinterliess ein leichtes Rinnsal roten Blutes. Das höhnische Grinsen des Söldners ließ den alten Mann nun erstarren. In einiger Entfernung hörte er das Spannen einer Armbrust und das anschließende Einlegen des Bolzens. Der jüngere Söldner mit dem Langschwert trat einen Schritt zurück und deutete dem Greis, sich zu erheben und vom Feuer zu entfernen. Die Armbrust immer im Anschlag, zeigte der andere Söldner auf einen Baumstumpf und der alte Mann ließ sich resigniert darauf nieder. Bisher war zwischen den drei Menschen noch kein Wort gefallen. Immer noch schweigend sah der Greis nun mit an, wie die beiden Soldaten sich ungeduldig über seine Sachen hermachten. Sie verstreuten sein Hab ung Gut auf der kleinen Lichtung und trampelten darauf herum. Dabei ging die alte Tabakspfeife zu Bruch, was dem Alten auf dem Baumstumpf einen traurigen Seufzer entfahren ließ.
Nachdem die beiden Soldaten die Vorräte in den Habseligkeiten des alten Mannes gefunden hatten, setzten sie sich ungefragt ans Feuer und machten sich über das Essen und die Getränke her. Der Jüngere, der beiden Söldner steckte sein Langschwert weg und fing an das Kaninchen vom Feuer zu nehmen und zu zerteilen. Der andere Söldner legte die Armbrust zwar auf dem Boden ab, sie war aber griffbereit in seiner Nähe und zeigte schon bedrohlich in Richung des Baumstumpfes, auf dem der Greis saß. Bald war auf der Lichtung nur noch zufriedenes Geschmatze und Gegrunze zu hören.
Endlich erhob einer der beiden Soldaten die Stimme und richtete das Wort an den alten Mann: "Heda Väterchen, erzähl uns eine Geschichte, während wir hier deinen Wein trinken! Einen Schwank aus deiner Jugend vielleicht, wenn du dich da noch dran erinnern kannst...!" Hönisches Gelächter begleitete diese Worte. Der Greis seufzte wieder. "Lang ist es her. Wohl war! Ich werde in meinem alten Kopf wohl lange kramen müssen."
Nach einiger Zeit begann der alte Mann mit leiser und tonloser Stimme zu erzählen.
"Nachdem ihr euch ja an meinen Vorräten gütlich zeigt, werde ich mich natürlich nicht lumpen lassen und euch auch noch mit einer schönen Geschichte unterhalten.", sagte der Greiss zu den beiden Söldnern und fuhr fort: "Ich entstamme einem Volk von Schaustellern und freien Künstlern. Meine Sippe zog durch die Lande und unterhielt andere Menschen durch allerlei schöne Darbietungen und Gaukeleien. Bei uns waren die Musik, das darstellende Spiel, aber auch die Akrobatik und die Dichtkunst zu Hause. Wo wir auftraten, zauberten wir ein Lächeln auf die Gesichter der Zuschauer. Unser Leben bestand aus Anerkennung und Applaus!" Der Greis machte eine Pause und dachte wehmütig an diese schönen, früheren Tage zurück. Nach einer Weile erzählte er weiter: "Schon bald eilte uns unser Ruf voraus. Wir bekamen mehr und mehr Auftritte an den Höfen kleinerer Ritter. Wir fingen an, nicht mehr ziellos durch die Gegend zu ziehen, sondern unsere Reisen im Vorraus zu planen. In den Sommermonaten waren wir zumeist komplett ausgebucht und befanden uns jede Woche woanders."
"Und wie kommst du dann hier alleine auf diese kleine Lichtung?", warf der junge Söldner ein. "Wenn ihr doch so erfolgreich wart, warum sonnst du dich dann nicht mittlerweile am Hofe des Königs unter dessen Gunst?" "Dazu komme ich gleich.", erwiderte der alte Mann.
"Meine Eltern und Großeltern waren alle aus diesen Kreisen des fahrendes Volkes. Meine Mutter war eine Seiltänzerin und mein Vater ein herausragender Jongleur und Messerwerfer. Ich hatte bei ihnen eine wohlbehütete und sehr liebevolle Kindheit." Der Greis hielt in Gedanken inne. "Solange ich denken kann, bestand unser Leben aus harter Arbeit, bei der alle mit helfen mussten. Es ist durchaus üblich, dass auch die Kleinsten bei den anfallenden Arbeiten mit anpackten. Sobald ich alt genug war, um nicht nur immer die Bühne und das Zelt mit auf- und abzubauen, ging ich in die Lehre bei unserem Feuerschlucker. Ich wollte endlich etwas Sinnvolles zum Erfolg der Truppe beizutragen und auch endlich ein wenig Ruhm auf der Bühne ernten." Zustimmendes Nicken der beiden Söldner ermutigten den alten Mann, mit dem Erzählen weiter zu machen.
"Der Feuerschlucker lehrte mich den meisterlichen Umgang mit dem Feuer. Ich lernte, wie man es behandelt, damit es einen nicht verletzt. Ich lernte, mit ihm zu Tanzen, um damit das Publikum zu entzücken. Wir bekamen schon nach kurzer Zeit soviel Anerkennung, dass wir schnell zur Hauptattraktion unserer Gruppe wurden. Aber ich wollte mehr! Ich wollte nicht nur mit dem Feuer spielen, ich wollte es beherrschen!" Der Greis hob den Blick vom Boden und schaute den beiden Söldnern nun direkt in die Gesichter. Sie hingen beide gebannt an seinen Lippen und wagten es nicht, ihn zu unterbrechen. Immer noch mit sehr leiser Stimme hatte der Greis bisher erzählt. Nun unterbrach er sein Gerede, streckte die Beine lang aus und lehnte sich entspannt zurück. Sein Blick ruhte weiterhin auf den Soldaten. "Erzähl weiter... Bitte!", sagte der Ältere mit der Armbrust und warf dem Geschichtenerzähler den Weinschlauch zu. Dieser fing den Schlauch geschickt auf, öffnete ihn und nahm erst einmal einen großen Schluck Wein. Dann nickte er und setze seine Geschichte fort.
"Wir zogen eines Spätsommers in Richtung Süden. Das Getreide stand hoch auf den Feldern und es war ungewöhnlich warm zu dieser Jahreszeit. Plötzlich zoge dunkle Wolken auf und wir mussten aufgrund eines heftigen Unwetters in einem nahen Wald Unterschlupf suchen. Nachdem sich das Gewitter verzogen hatte, wollten wir aufbrechen, aber bei unserem Bühnenwagen war ein Rad an einer Baumwurzel zerbrochen. Also machten wir aus der Not eine Tugend und schlugen unser Lager für mehrere Tage dort auf." Der Greis hielt kurz inner und fuhr dann seufzend fort: "Anscheinend waren wir damit einigen Bauern in der Gegend ein Dorn im Auge. Sie erzählten einer Gruppe Söldner, welche auf dem Weg aus einem Kriegsgebiet nach Hause waren von uns. Scheinbar war der Truppe in dem Krieg das Glück nicht hold gewesen und so suchten sie anderweitig nach reicher Beute. Also kam unsere kleine Gruppe ihnen ganz recht.
"Der Überfall erfolgte im Morgengrauen. Ich überlebte nur, weil ich mich vom Lager entfernt hatte um Reisig und kleine Äste zu suchen. Die morgendlichen Feuer wollten wieder entfacht werden und es war meine Aufgabe, dies zu erledigen. Als ich zurückkam blickte ich in so viele vertraute Gesichter, deren Blick gebrochen und deren Antlitz zumeist entstellt war. Die Söldner hatten alle unsere Wagen in Brand gesetzt und die gesamte Waldlichtung brannte lichterloh."
Der Greis schloss die Augen, als ihn kurzzeitig die Trauer an diese Erinnerungen übermannte. Mit geschlossenen Augen erzählte er weiter.
"Hier lernte ich das Feuer endlich kennen. In diesem Elend erkannte ich, dass es nicht mein Feind, sondern mein Freund war! Wir gewöhnten uns aneinander. Ich lernte vom Feuer, dass ich niemanden mehr brauchte. Es gab mir Wärme, Nahrung und Geborgenheit. Ich konnte es bitten, sich zu entfernen oder in meiner Nähe zu entstehen. Es tat mir nicht weh, sondern umschmeichelte mich wie eine Geliebte. Es tat mir gut, im Gegensatz zu vielen Menschen, die ich nach dem Verlust meiner Sippe noch treffen sollte. Es blieb bis heute mein einziger Freund."
Die beiden Söldner schauten dem Greis gebannt ins Gesicht und sahen Tränen die zerfurchte Haut herab laufen. Ob diese Tränen nun Tränen der Wut oder Tränen der Trauer waren, konnten sie nicht erahnen. Fragend schauten sie sich an, zuckten hilflos mit den Schultern und erkannten langsam die Brisanz der Situation. Schon im Verlauf der Geschichte hatten sie begonnen, unruhig auf dem Boden hin- und herzurutschen. Nachdem der Alte nun geendet hatte, erhob der Jüngere seine Stimme und stellte die entscheidende Frage: "Du, also äh... also Ihr denkt doch wohl bitte nicht, dass wir damit etwas zu tun hatten. Wir sind doch noch viel zu jung dafür!" Der Alte öffnete die Augen und schaute die Beiden nur mit starrem Blick an. Langsam schüttelte er den Kopf. "Nein, ihr wart mit Sicherheit noch nicht einmal geboren. Ich verlor meine Sippe vor vielen Jahrzehnten und ziehe seitdem ohne Familie durchs Land."
Als die beiden Söldner erleichtert Luft ausstiessen, setzte der Greis jedoch schnell und etwas lauter hinzu: "Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass ihr euch auch verdingen lasst und euer Auskommen als Söldner habt. Es ändert auch nichts daran, dass ihr heute ebenso handeln würdet, wenn sich die Gelegenheit dazu ergeben hätte. Davon bin ich mehr als überzeugt!" Laut erschollen die anklangendenden Worte über die kleine Lichtung. Ringsherum herrschte nun gespenstische Stille. Alles schien den Atem angehalten zu haben. Der alte Mann deutete stumm auf seine verstreuten Sachen am Boden um das Feuer.
Die beiden jungen Soldaten erbleichten augenblicklich und griffen erneut nach ihren Waffen. Diese Geste zauberte ein Grinsen auf das Gesicht des Greises und kleine Flammen begannen damit, seinen rechten Arm zu umzüngeln. Er hob die Hand und die Flammen wurden größer. Die Luft zwischen den beiden Söldnern begann zu flimmern. Eine unerträgliche Hitze breitete sich um sie herum aus und es entstand ein riesiger Feuerball, der zischend zwischen ihnen explodierte.
Auf der Lichtung war es nun wieder sehr ruhig. Dunkel erhob sich die Nacht im Wald und der alte Mann sammelte seine verstreuten Sachen ein. Er stopfte sie wieder in seinen Rucksack und stellte diesen ordenlich auf den Baumstumpf. Das kleine Feuer flackerte wieder vor sich hin, als wenn nichts geschehen war. Suchend schaute der Greis sich um und sah am Rand der Lichtung seine zerbrochene Tabakspfeife. Er ging darauf zu und als er an dem verbrannten Fleck Erde vorbei kam, schaute er auf die beiden verkohlten Leichname. Sie waren bis zur Unkenntlichkeit entstellt und völlig deformiert. Der alte Mann deutete eine leichte Verbeugung an. Ein Lächeln umspielte sein Gesicht und er murmelte im Vorbeigehen: "Es war Mogrukh eine Ehre, euch kennengelernt zu haben..."